THEATERSTUDIUM: Schauspiel kann man auch in Mannheim studieren – der aktuelle Jahrgang erhält in diesen Tagen die Bühnenreife

Geboren, um zu spielen

Von Johanna Haag

"Der Goldene Drache" ist das Abschlussstück von Melina Schöfer (Mitte), Roman Kimmich (rechts unten) und ihren Kommilitonen. © Detering

 

Was erhoffen sich Jungschauspieler von ihrer beruflichen Zukunft? Welche Tipps haben sie gegen Lampenfieber? Und wie stehen sie zu Nacktauftritten? Melina Schöfer und Roman Kimmich kennen die Antworten: Dreieinhalb Jahre haben sie an der Theaterakademie Mannheim Schauspiel studiert, in wenigen Tagen erwerben sie mit ihrer Abschlussprüfung die staatlich anerkannte Bühnenreife.

Wohin der berufliche Weg führt, ist noch offen: "Ich strecke meine Fühler in alle Richtungen aus", erzählt Melina Schöfer. Sie träume davon, einmal eine Rolle beim "Tatort" zu ergattern. "Und wenn's nur die Leiche ist", fügt sie lachend hinzu. Roman Kimmich möchte vorerst am Theater bleiben: "Ich will das Leben auf der Bühne voll auskosten."

 

Akademie das zweite Zuhause

Seit 1994 kann man an der Theaterakademie Mannheim Schauspiel und Regie studieren. Sie ist in der Holzbauerstraße in der Nähe des Alten Meßplatzes gelegen. Das Studium kostet 350 Euro im Monat.

Die Berufsfachschule zeichnet sich unter anderem durch Kooperationen mit vielen regionalen Theatern und erfahrenen Schauspielern aus.

Am Freitag, 12. April, und am Freitag, 7. Juni, finden die Aufnahmeprüfungen für Nachwuchs-Schauspieler und -Regisseure statt.

Verlangt werden für Schauspiel unter anderem vorbereitete Texte und Improvisation, angehende Regisseure müssen ihr Regiekonzept schriftlich einreichen.

Bewerber sollten ein Instrument beherrschen und mindestens einen Realschulabschluss vorweisen.

Mit dem Stück "Der Goldene Drache" von Roland Schimmelpfennig verabschiedet sich die aktuelle Abschlussklasse von der Theaterakademie.Die nächsten Aufführungen sind am 17. und 18. April. joh

 

Ihre Leidenschaft für das Schauspielen entdeckten sie ganz unterschiedlich: "Ich glaube, das ist nichts für mich", hatte Kimmich einst frustriert nach einem Aussetzer während eines Schultheater-Auftrittes verkündet. Doch sie blieb erhalten, die Liebe zur Bühne - und sie ließ ihn während seiner Zeit als Animateur auf den Kanarischen Inseln und beim Anglistik- und Germanistikstudium nicht los. Schließlich folgte er seinem Herzen, brach das Studium ab und schrieb sich an der Theaterakademie ein. Schöfer schnupperte zum ersten Mal Bühnenluft bei Kindermusicals, später im Jugendchor des Nationaltheaters und bei einer Regiehospitanz. "Dort habe ich aber gemerkt, dass ich auf und nicht hinter die Bühne gehöre", so die 24-Jährige. "Einen Plan B hatte ich nicht."

Bereut haben die zwei Schauspieler ihre Entscheidung nie: Die Theaterakademie sei für sie wie ein zweites Zuhause. Kein Wunder - bei nur acht Kommilitonen im Semester wird es schnell familiär. Auch zu den Dozenten hätten die Studenten ein enges Verhältnis, erzählen die Beiden. "An der Akademie unterrichten Leute mit jahrelanger Erfahrung, die auf den größten Bühnen der Welt spielen könnten. Aber stattdessen geben sie hier jungen Menschen eine Chance und bieten bomben Unterricht", schwärmt Kimmich. An der Akademie können die Studenten unterschiedlichste Seminare belegen: Rollenstudium und Improvisation, Ausdruck und Gesang, Bühnenkampf oder Psychologie zählen dazu. "Besonders toll war ein Tanzseminar, wo wir uns ohne Vorgaben völlig verrückt zur Musik bewegt haben. Man konnte sich richtig freitanzen", sagt Kimmich. Die schönsten Erlebnisse für Schöfer waren die Vorstellungen selbst: "Da werden alle Teilbereiche zu einem großen Ganzen verbunden."

Vier bis sechs Wochen werden an einem Stück geprobt. "Während der Produktionen waren wir teilweise mehr in der Akademie als zuhause", sagt Kimmich. Doch der 26-Jährige hat gelernt, den Druck in positive Energie umzuwandeln. Die intensive Vorbereitung helfe auch dabei, mit Lampenfieber umzugehen. Bevor der Vorhang aufgehe, schlage ihr Herz zwar immer noch höher, aber beispielsweise mit Atemübungen bekomme sie die Aufregung gut in den Griff, so Schauspielerin Schöfer. "Man darf auf keinen Fall dagegen ankämpfen. Je mehr man blockt, desto stärker wird es", ergänzt ihr Kommilitone.

 

Nackt auf der Bühne

An der Akademie haben die beiden auch viel über sich selbst gelernt: "Man entdeckt, wer man wirklich ist", meint Roman Kimmich, und Melina Schöfer fügt hinzu: "Außerdem lernt man, zu sich selbst zu stehen und in schwierigen Situationen gelassen zu bleiben." Mit einer gewissen Portion Gelassenheit haben die zwei sogar einen Nacktauftritt gemeistert, auch wenn sie sich das vorher niemals zugetraut hätten.

Doch das Schauspieler-Dasein birgt auch ganz andere Hürden: "Man muss sich oft selbst überwinden und manchmal Ellbogen zeigen, obwohl man nicht der Typ dafür ist", sagt Kimmich und Schöfer gesteht, dass ihr am meisten die Ungewissheit zu schaffen mache, ob und womit sie die nächste Miete bezahlen kann. Doch all das nehmen die Zwei für ihre große Leidenschaft in Kauf. Sie gibt ihnen weit mehr, als sie fordert. "Es ist schwer das in Worte zu fassen", sagt Schöfer. Und dann gelingt es ihr doch: "Wenn man merkt, dass es auf der Bühne schwingt, dann glitzert alles, das ist wie ein Zauber." Oder wie Roman Kimmich augenzwinkernd sagt: "Schauspielen ist besser als Sex."

 

© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 03.04.2013

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